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Wie ich mit Kindern ein Vorlese-Ritual aufbauen kann

Sich Zeit zum Vorlesen zu nehmen ist gar nicht so einfach. Und gerade am Abend, wenn sowieso schon alles spät ist, ist es mir persönlich am liebsten, wenn die Kinder schnell in der Senke des Bettes verschwinden und man richtig durchatmen kann. Wie kann ich jetzt noch ein Vorleseritual einführen?
Für mich beginnt die Reise zum Ritual damit, dass ich mir konkret vor Augen halte, was diese Vorlese-Zeit in meinem Kind bewirken kann. Deshalb sage ich mir, wenn ich gerade alles über Bord werfen möchte:

  • „Durch meine Entscheidung, jetzt meinem Kind eine Geschichte vorzulesen, helfe ich meinem Sohn / meiner Tochter, leichter lesen zu lernen, wenn es in die Schule kommt.“
  • „Durch meine Entscheidung, jetzt meinem Kind eine Geschichte vorzulesen, schaffe ich meiner Tochter / meinem Sohn eine offene Tür, Erlebnisse des Tages anzusprechen.“
  • „Durch meine Entscheidung, jetzt meinem Kind eine Geschichte vorzulesen, fördere ich, dass meine Tochter / mein Sohn sich besser ausdrücken kann und besser verstanden wird.“
  • „Durch meine Entscheidung, jetzt meinem Kind eine Geschichte vorzulesen, schenke ich meinem Kind Lösungsmöglichkeiten für persönliche Konfliktsituation. Somit ermögliche ich ihm einen reibungsloseren Umgang mit Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt.“

Wir denken schnell: „Einmal ist keinmal.“ Wenn ich meinem Kind heute Abend keine Geschichte vorlesen, macht das doch nichts. Doch das stimmt nicht. Der berühmte Psychiater Viktor Frankl fasste das Gegenteil in ein schönes Bild, als er sagte: „Jede Tat ist ihr eigenes Denkmal.“ Für mich bedeutete das, dass meine Entscheidung eine wichtige Entscheidung für eben diesen Abend ist. Es ist ein Denkmal! Als ich das begriffen habe, habe ich auch Platz für das Vorlesen von Geschichten gefunden.

Hier noch ein paar Tipps, damit die Vorlesezeit richtig schön wird:

  1. Vorlesezeit ist Kinderzeit. Es darf meine gesamte Aufmerksamkeit erhalten. Deshalb ist es wichtig, den besten Augenblick für Kind und Eltern zu finden. Ein ruhiger, gemütlicher Platz ist auch viel wert! Handy, Telefon und jegliche andere Ablenkung wird weit weg verbannt.
  2. Schaffe Vorfreude! Damit ein Kind sich richtig auf die Vorlesezeit freuen kann, sollte sie als feste Zeit eingeplant sein. Bei uns ist das immer vor dem Schlafengehen. Wenn das Buch dann noch mit dem Kind ausgewählt wurde, werden die Kinder es kaum abwarten können. Ihr werdet merken: Diese Vorfreude gibt dieser Zeit den gewissen Charme.
  3. Fühl dich in die Geschichte ein und variiere deine Stimme. Vorlesen macht richtig Spaß, wenn man sich in die Freude, die Angst, die Hektik oder die Nervosität der Geschichte einfühlt und somit aussetzt. Wenn einer in der Geschichte lacht, lach einfach mit. Wenn jemand in weinerlicher Stimme spricht, dann weine mit. Dann macht das Vorlesen nicht nur dem Kind, sondern auch dir Spaß. Und keine Angst: Dein Publikum ist nicht kritisch. Sie lieben dich beim Vorlesen!
  4. Fragen sind das Gold der Geschichte. Oft poppen mitten in der Geschichte Fragen der Kinder auf. Das ist gut so und du kannst die Gedankengänge der Kinder genießen. Ziel ist ja nicht, die Geschichte fertig zu kriegen, sondern auch mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. An manchen Abenden haben meine Frau und ich erlebt, wie eine Geschichte ausreichte, um eine Stunde darüber zu sprechen. Richtig tiefe Gespräche! Wir finden das richtig genial. Aber natürlich kannst du mit deinen Kindern auch verhandeln, wenn es zu viel wird. Man muss ja auch mal mit dem Abschnitt fertig werden.

Übrigens: Wem das Vorlesefutter ausgeht, wird sicher in der nächsten Bücherei fündig oder vielleicht gibt es bei euch in der Nähe ja einen Bücherschrank. Dort kann man gelesene Bücher hineinstellen und ungelesen zum Vorlesen mit nachhause nehmen.

Jetzt aber los! Ich wünsche euch genauso viel Spaß beim Vorlesen, wie den Kindern beim Zuhören.

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